Originally Posted By: Rondidon
Naja immerhin verdienst du wahrscheinlich sehr gut.
Ja, das schon.
Aber das frustrierende ist, dass ich jedes Jahr unter'm Strich weniger verdiene, obwohl ich eigentlich jedes Jahr mehr verdienen müsste.
Weil die Firma lässt sich immer mehr "Tricks" einfallen, wie sie indirekt die Gehälter der Mitarbeiter kürzen können.

Das fing irgendwann mal klein an:
  • Zum Beispiel mussten wir für's Parken in der Firma zahlen (2 Euro pro Tag).
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  • Festnetz-Telefone wurden abgeschafft, und jeder musste ein Handy haben. Allerdings müssen wir, da wir das Handy auch privat nutzen dürfen, dafür zahlen. Angeblich zahlen wir eh NUR die Steuer (da wir es privat nutzen dürfen, gilt es sozusagen als Teil des Einkommens, und muss versteuert werden). Allerdings waren das bis vor kurzem noch 20 Euro pro Monat!!! Das kann mir niemand einreden, dass das nur die Steuern waren. Weil bei anderen Anbietern hätte ich damals ein privates Handy für 9 Euro pro Monat bekommen. Aber die Firma hatte uns vorgeschrieben, dass wir das Firmenhandy nehmen MÜSSEN. Also eigentlich alles irgendwie illegal oder zumindest halb illegal. Momentan zahlen wir 5 Euro pro Monat für unser Firmenhandy (dafür hatte sich der Betriebsrat eingesetzt).
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  • Bisher hatten wir von der Firma gratis eine Firmen-Kreditkarte bekommen (American Express), die wir zum Bezahlen von Reisekosten (Hotelrechnungen, etc.) benutzen konnten. Das Geld wurde zwar von meinem Privatkonto abgebucht, aber erst mit einer Verzögerung von ca. einem Monat - in dieser Zeit konnte man dann die Reisekostenabrechnungen machen, und hatte das Geld von der Firma überwiesen bekommen. Diese Kreditkarte durften wir auch privat nutzen. Aber das wurde jetzt geändert. Wir dürfen sie jetzt nicht mehr privat nutzen (die Firma bietet zwar auch eine private Karte an, aber für die müssen wir extra zahlen). Und obwohl wir die Firmenkreditkarte nicht privat nutzen dürfen, haften wir aber voll und ganz dafür.
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  • Dann wurde vor ein paar Jahren beschlossen, dass nur noch die halbe Reisezeit als Arbeitszeit gilt. Und auch das Kilometergeld wurde halbiert. Die Firma argumentiert so, dass sie eigentlich gar nicht wollen, dass die Mitarbeiter mit dem Auto fahren (sie sollen lieber mit der billigeren Bahn fahren - auch wenn die Fahrzeit wesentlich länger dauert - ist ja schließlich eh die Freizeit des Mitarbeiters, und längere Fahrzeiten kosten der Firma ja nichts. Bahnfahrten gelten übrigens zu 100% als Freizeit, weil der Mitarbeiter sich ja in der Bahn entspannen kann, und z.B. privat ein Buch lesen kann. Kilometergeld oder Taxi-Kosten für die Anreise zum Bahnhof, oder Abreise vom Bahnhof werden auch nicht bezahlt). Zum Projekt nach Deutschland hätte ich mit der Bahn gar nicht fahren können (zu viel Gepäck + 2 Laptop-Taschen, etc., außerdem liegt der Zielstandort weit von jedem Bahnhof entfernt). Aber trotzdem sagt die Firma, dass sie mir nicht das volle Kilometergeld bezahlen, weil sie ja nicht wollen, dass ich mit dem Auto fahre.
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  • Für Dienstreisen zu Kunden innerhalb von Wien bekommen war gar nichts bezahlt (nicht einmal die Parkkosten beim Kunden ersetzt), weil die Firma sagt, dass als Dienstort ganz Wien gilt.
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  • Und für Reisen außerhalb von Wien gilt als Abfahrtsort (zur Berechnung der Wegstrecke für das Kilometergeld) immer das Zentrum von Wien. Weil der Firmensitz ist im Nordosten von Wien, und fast immer reist man nach Süden oder Westen. Daher erspart sich die Firma ca. 15 km, wenn man das Zentrum Wiens als Abfahrtsort angeben muss.
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  • In den letzten Jahren hatten sie dann damit begonnen, immer länger für die Auszahlung der Reisekosten zu warten. Sie hatten das immer damit begründet, dass die Reisekostenstelle überlastet ist. Tatsächlich hat das aber bedeutet, dass wir Mitarbeiter unserer Firma einen zinsenlosen Kredit gewährt hatten. Einmal musste ich ein halbes Jahr warten, bis mir die Firma ca. 12.000 Euro, die sich durch meine vielen Reisen angesammelt hatten, ausbezahlt hatten. Der Betriebsrat hatte mal ausgerechnet, dass das bei einer so großen Firma, mit so vielen Mitarbeitern, ein ständiger zinsenloser Kredit von mehreren Millionen Euro ist.
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  • Aber der größte Geniestreich ist der Firma mit den Beteiligungsverträgen gelungen. Damals, ca. 2004, wurde bei den Mitarbeitern das Gehalt in ein fixes Gehalt und in einen variablen Anteil aufgeteilt. Das fixe Gehalt war dann nur noch 70% vom ursprünglichen Gehalt. Und der variable Anteil hing vom eigenen Erfolg (eigene Zielvorgaben) und vom Erfolg der Firma ab. Am Anfang war das noch eine tolle Sache, weil ich mit guter Leistung und vielen Überstunden einiges dazuverdienen konnte. Überstunden wurden ja abgeschafft. Die einzige Chance, mehr zu verdienen, war, dass man seine Zielvorgaben über-erfüllt hatte.
    Aber dann, Jahr für Jahr, wurden die Zielvorgaben immer wieder angepasst, und wurden für den Mitarbeiter immer schwerer erreichbar, bzw. sind jetzt überhaupt nicht mehr beeinflussbar (es gelten nur noch Gruppen-Ziele, also es zählen nur noch die Durchschnittswerte einer ganzen Gruppe, und nicht mehr die Leistungen einer Einzelperson). Dadurch bekomme ich jetzt oft nur noch 10 bis 15 % von der Zusatzprämie, die ich früher mal bekommen hatte. Obwohl die Leistung eigentlich gleich geblieben ist. Aus einem Belohnungs-System für gute Leistungen, wurde jetzt eigentlich ein Sparpaket-System, mit dem die Firma, der es finanziell schlecht geht, viel Geld einsparen kann.


Nur mal ein Beispiel für die Ungerechtigkeit dieses Beteiligungsvertrags-Systems:
(was übrigens zum Thread passt, weil das eigentlich etwas ist, was mich am meisten ankotzt).

Vor 3 Jahren sahen meine Zielvorgaben noch so aus:
  • 60% irgendwelche Umsatzzahlen der Firma, die ich nicht beeinflussen konnte.
  • 40% Persönliche Ziele. Produktivstunden, die ich an Kunden weiterverrechnen konnte. (weniger als 600 Stunden = 0% Zielerreichung, 1550 Stunden = 100%, 2050 Stunden = 200%)

Also je mehr Produktivstunden ich hatte, desto höher meine Zielerreichung und desto höher die Prämie.
Vor 2 Jahren sahen die Zielvorgaben dann so aus:
  • 60% irgendwelche Umsatzzahlen der Firma, die ich nicht beeinflussen konnte.
  • 20% Persönliche Ziele. Produktivstunden, die ich an Kunden weiterverrechnen konnte. (weniger als 600 Stunden = 0% Zielerreichung, 1550 Stunden = 100%, 2050 Stunden = 200%)
  • 20% Persönliche Ziele. Kundenfeedback (die Kunden mussten Feedback-Formulare ausfüllen und mich beurteilen). Mein Chef bewertete dann das Ergebnis (Kunde nicht zufrieden: 0%, Kunde durchschnittlich zufrieden: 100%, Kunde sehr/überdurchschnittlich zufrieden: 150%)

Das war schon mal eine Verschlechterung, da ich beim letzten Punkt (Anteil 20%) nur noch maximal 150% erreichen konnte, anstatt 200% wie im vorherigen Jahr. Außerdem wurden die Feedbacks von einem Vorgesetzten beurteilt, den ich nicht einmal persönlich kannte.

Das Ergebnis sah dann so aus, dass mein Vorgesetzter meine Feedbacks nur als "durchschnittlich" bewertet hatte (ich bekam nur 100% von 150%).
Hier die Feedbacks, von meinen 2 Kunden (das sind nur die Zusatz-Kommentare! Alle anderen multiple-choice-Frage auf dem Formular wurden immer mit der besten Bewertung angekreuzt):
Originally Posted By: Kunde 1
Sehr zufrieden (Performance ist für mich genau richtig, ich fühle mich bestens betreut).
- Außerordentliches Engagement über das zu erwartende Maß hinaus
- Selbstständige Arbeitsweise und Erarbeitung von Lösungen
- Hohes Qualitätsbewusstsein

Originally Posted By: Kunde 2
Herr Harry Potter (Name geändert grin ) erbringt für Fernwärme Wien ausgezeichnete Leistungen. Die von ihm erstellen Programme sind anwenderfreundlich, zuverlässig und nahezu fehlerlos. Durch sein Hinterfragen von Anforderungen und Wünschen und sein selbstständiges Mitdenken entstehen optimale Lösungen.

Persönlich ist Hr. Harry Potter ein sehr netter, angenehmer und pflichtbewusster Mitarbeiter. Er ist auch äußerst fleißig.
Für seinen gezeigten Einsatz gebührt ihm Dank und Anerkennung seitens Fernwärme Wien.

Diese Feedbacks wurden dann von meiner Firma nur mit "durchschnittlich" bewertet (100% von 150%). Ich frage mich, wie dann ein wirklich sehr gutes Feedback aussehen müsste. wink
Aber in Wahrheit ging es der Firma ja wahrscheinlich gar nicht um das Feedback. Sondern darum, wieder mal einen Weg zu finden, meine Prämie zu reduzieren und Geld zu sparen. Weil meine anderen Ziele (die Produktivstunden) hatte ich damals zu 140% erfüllt. Und mit diesem neuen Feedback-Punkt konnte die Firma im Durchschnitt dann diesen Prozentsatz senken.

Möchte jemand meinen Job haben? Ich verschenke ihn. grin