2 Punkte, die ich im Rückblick auf Harry Potters Diskussionen zu dem Lybienkonflikt loswerden muss:

1. Wenn man schon eine Fülle an Informationen zur Beurteilung einer politischen Situation hinzuzieht, dann muss es auch historische Information sein - und nicht nur die der letzten paar Tage.
(Wer z.B. beim Wahlkampf sich auf die Äußerungen der Kandidaten verlässt und nicht darauf schaut, für welche Handlungen die Kandidaten in der Vergangenheit tatsächlich verantwortlich waren, kann nicht ihre Integrität beurteilen. Um wieviel mehr gilt dieses bei Kriegen.)

2. Verantwortlichkeiten für Handlungen muss man Peronen zuschreiben und nicht ganzen Nationen.
(Es wird z.B. immer gern so getan, dass die Präsidenten der USA in ihrer Politik keinen Unterschied machen, sondern die hinter ihnen stehenden Berater aus der Industrie und dem Militär den Ton angeben. Aber das stimmt nicht. Wer die verschiedenen Präsidenten z.B. der letzten 30 Jahre und ihre Politik genauer betrachtet, wird erhebliche Unterschiede in den innenpolitischen und außenpüolitischen Maßnahmen und Ergebnissen erkennen. Es zählt, was eine einzelne Person in ihrer jeweiligen politischen Position entscheidet, und es ist meiner Ansicht nach extrem ärgerlich, wenn man so tut, dass es nicht so ist, denn damit schwächt man die Personen, die sich redlich Mühe geben, ihren Job im Interesse aller Menschen so gut wie möglich zu machen.)

Ich muss sagen, ich war ratlos, als Du, Harry Potter, plötzlich die ganzen (militärischen) Massnahmen der USA und der EU kategorisch in Frage und mit den militärischen Aktionen Gaddafis auf die gleiche Stufe stelltest. Ich war so beeindruckt, dass ich komplett vergaß, dass Gaddafi die Demonstranten noch wenige Tage zuvor aus Flugzeugen beschießen/bombardieren lies und Mordkommandos durch die Krankenhäuser schickte, um dort die verletzten Leute zu erschießen.
Klar, die aktuelle Rhethorik der "Kriegsteilnehmer" verdiente kein besonderes Vertrauen, aber Diktatoren wie Putin als Zeugen für die Unaufrichtigkeit von demokratischen Akteuren heranzuziehen hat schon etwas Groteskes.

Zu der Zeit der besagten Diskussion hatte ich nicht selbst nach Informationen nachgegraben, aber als ich später nochmal Artikel las, die die Zusammenhänge über längere Zeiträume betrachteten, war ich frustriert, dass ich angesichts Deiner Darstellung das alles vergessen hatte, und so also nicht im Stande war, Deine Einschätzungen zu beurteilen.

Deshalb die 2 erwähnten Kriterien, die man auch Prüfsteine nennen könnte.
1. Was haben die involvierten Akteure in der Vergangenheit gemacht?
2. Berücksichtige ich, was die jeweils einzelnen Akteure tun, oder pauschalisiere ich auf ein Gremium oder sogar auf Nationen oder Nationenverbände hin?

Was mich immer wieder verblüfft (und in diesem Falle irritiert mich, dass es mir selbst auch passiert ist), ist, dass Leute, die sehr differenziert denken können (und das z.B. in ihrer Programmierung ja tun müssen), bei politischen Diskussionen immer wieder unglaublich fahrlässig verallgemeinern.
In diesem Falle sind wir ja einer allgemeinen Ratlosigkeit verfallen á la "Wem kann man da noch trauen? Es lügen doch alle.". Was nicht stimmt.